Einfach gut! by Beate Hofmann

Einfach gut! by Beate Hofmann

Autor:Beate Hofmann [Hofmann, Beate]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783843606233
veröffentlicht: 2015-05-26T16:00:00+00:00


Eine Frage der Haltung

GESPRÄCH MIT JAN THORSTEN ESSWEIN

Er hat den Hut auf in seinem Leben. Jan Eßwein fällt mir bei unserer ersten Begegnung durch sein Outfit auf. Ein schlanker, hochgewachsener Mann, weißes Hemd, gut sitzende Jeans, Sakko über dem Arm und ein Hut auf dem Kopf. Ungewöhnlich auf einem Businessforum. Noch ungewöhnlicher dann seine Vorstellung. Ehrlich und sehr persönlich berichtet er von einem plötzlichen Tinnitus, der ihm letztlich geholfen hat, seinen Weg konsequent zu verfolgen und zu dem Menschen zu werden, der er heute ist.

Stille und Meditation sind heute seine Kraftquelle. Er ist mit über 100.000 verkauften Büchern einer der meist gelesenen Autoren zum Thema Achtsamkeit in Deutschland. Es macht Spaß, sich mit ihm zu unterhalten, denn Jan Eßwein ist ein Mann mitten im Leben, humorvoll und gebildet.

Die meisten Menschen empfinden es als wohltuend, zwischendurch einmal ihre Ruhe zu haben. Ein Wochenende allein kann schön sein, doch auf gute Musik, einen Film oder ein Telefonat mit Freunden würden sie sicher ungern verzichten. Ein halbes Jahr lang zu schweigen, wie es Jan Eßwein in einem nepalesischen Meditationszentrum getan hat, ist etwas ganz anderes. Ich frage mich, wie man die dann aufbrechenden Themen, Fragen und Prozesse im Inneren bewältigt.

Herr Eßwein, wie ging es Ihnen in dieser unglaublich langen Schweigezeit? Verraten Sie uns eine Erkenntnis, die Sie daraus mitgenommen haben?

In diesem halben Jahr im Schweigen war alles dabei, was ein Mensch innerlich erleben kann: Widerstände, Schmerzen, Einsamkeit, Ärger, Trauer, Zweifel, aber auch Glücksgefühle, tiefe Ruhe, Klarheit und vieles mehr. Es war die größte Herausforderung meines Lebens. Eine wichtige Erkenntnis kann ich an folgendem Erlebnis festmachen:

Ich wusste, dass ich zwei Monate nach Beginn des Retreats einen Einkauf organisieren konnte und begann im Vorhinein eine Einkaufsliste zu erstellen. Diese Liste wurde über Wochen immer länger. Doch ungefähr nach sechs Wochen begann ich, immer öfter in der Meditation eine geistige Klarheit und ein mir bis dahin unbekanntes, intensives und durchdringendes Glücksgefühl zu erleben. Ich war tief zufrieden und innerlich erfüllt, einfach weil mein Geist ganz ruhig und klar war. Manchmal reichte ein bewusster Atemzug aus, um dieses Empfinden ganz stark werden zu lassen. In dieser Phase begann ich nun, Dinge von der Einkaufsliste zu streichen, bis nur noch das absolut nötigste drauf stand: Seife, Rasiercreme und Zahnpasta.

Gab es einen Punkt, an dem Sie aussteigen wollten – und wenn ja, wie haben Sie diesen überwunden?

Ja, den gab es schon nach ein bis zwei Wochen. Der Anfang war einfach zäh: die Umstellung auf 14 bis 16 Stunden Meditation am Tag in fast vollständiger Isolation, ohne Gespräche, ohne Blickkontakt. Meine Knie schmerzten, meine Konzentration war mies, mir schwirrten tausende Gedanken durch den Kopf, ich hatte enorme Widerstände und die vor mir liegende Zeit war nicht überschaubar. Ich dachte über verlockende Alternativen nach wie Bergwandern im Himalaya oder eine Reise zu den Stränden in Goa und natürlich meine damalige Freundin zu sehen. Mir war aber auch klar, dass ich, falls ich das Retreat abbreche, meinen Traum, meine Vision verraten würde und dass diese Chance möglicherweise nicht wiederkehren würde. Ich hatte mich schließlich seit einem Jahr darauf vorbereitet.



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